Page 19 - Post SV Magazin 1/2016
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Post SV magazin | ABTEILUNGSREPORT
Park „Bois de Boulogne“ im Westen von Paris gen mit zu schultern. Für Triathleten ist es ein
mit einem abgesperrten 3,6 km Radrundkurs selbstgewähltes „Vergnügen“, für das die Familie
sehr gute Bedingungen für Intervall-Training. viel Verständnis aufbringen und Entbehrungen
Das abwechslungsreiche Lauftraining dort fand mittragen muss.
in einer Laufgruppe mit schnellen Läufern fast
täglich in der Mittagspause mit wechselndem Aufgrund beruflicher Zusatzbelastungen ge-
Ausblick auf den Eiffelturm, Arc de Triomphe staltete sich die Vorbereitung für den Diplom
oder die Skyline von La Defense statt. Ingenieur schwierig und bedurfte einer kreati-
Ende Juni startete der seit 2007 der Post SV-Tri- ven Planung. So nutzte der 48-Jährige berufli-
athlon-Abteilung angehörende Schinkel bei der che „Leerlaufzeiten“, um zu trainieren, lief oder
70.3-WM-Quali in Luxemburg (70.3 steht für die setzte sich nachts auf die Radrolle, nutzte zu-
Gesamtdistanz in Meilen: 1,9 km Schwimmen, dem hin und wieder den Arbeitsweg Ingolstadt-
90 km Radfahren und 21,1 km Laufen – die halbe Nürnberg für eine Radeinheit.
Ironmandistanz) zusammen mit Vereinskollegen
Rainer Habermann seine Triathlonsaison. Der Das Lösen des Hawaii-Tickets Beeindruckende Leistung I: Christian Schinkel auf
Start bei diesem Wettkampf bot sich an, da an Die höchst schwierig zu bewerkstelligende Qua- der schwierigen Radstrecke und beim Zieleinlauf
jenem Wochenende seine Rückkehr von Paris lifikation für die legendäre Langstrecken-WM
nach Nürnberg erfolgte und Luxemburg somit brachten beide am 19. Juli beim Ironman Swit- Urlaub auf Hawaii hinzu. Anfang August baute
auf halber Strecke lag. Ein Zwischenstopp der zerland in Zürich unter Dach und Fach. An jenem Christian noch einen besonderen Wettkampf
höchst sportiven Art. Zudem wollte er sich un- Tag schnellte in der Schweizer Metropole die in seine Vorbereitung ein: den 345 Kilometer-
bedingt für die WM 70.3 qualifizieren, die 2015 Quecksilbersäule auf schweißtreibende 35 Grad, Lauf in der Slowakei von der Hohen Tatra nach
erstmals in Europa im österreichischen Zell am was für ein Neopren-Verbot beim Schwimmen Bratislava in 36 Etappen – somit knapp 60 km
See stattfand. Ein Vorhaben, das er prompt sorgte. Für Wolfgang Geissler waren die vorher- für jeden, da Christian mit Arbeitskollegen in
umsetzte, was ihn doppelt erfreute, denn die gesagten 24,5 Grad Wassertemperatur dennoch der 6er-Team-Wertung startete. Und er gewann
70.3-WM in Zell am See war für ihn fast ein zu kalt – und so musste er sich auf die Schnelle mit seinem Team das Rennen nach 27 Stunden in
„Heim-Wettkampf“ – er stammt nämlich von noch einen Schwimmanzug kaufen. ihrer Wertungsklasse mit einem Vorsprung von
der deutsch/österreichischen Grenze nahe des Die 3,8 km Schwimmen forderten zum Auftakt 1.45 h. Jeder Staffelteilnehmer lief sechs Mal 10
Chiemsees, also unweit von Zell am See. Kurz gleich alle Teilnehmer – vor allem wegen des km im höchsten Tempo, somit war jeder etwa
nach Luxemburg konnte er dann auch die Ver- Neopren-Verbotes, was wiederum die Wasserla- alle drei Stunden an der Reihe. Das Fahren von
einsmeisterschaft, die jedes Jahr traditionell im ge und damit das Schwimmen erschwerte, deut- einem Wechselpunkt zum anderen musste jedes
Rahmen des Rothsee-Triathlons ausgetragen lich abzulesen an den Zeiten. Das anschließende Team selbst übernehmen, was die extremen An-
wird, von Rainer Habermann zurückerobern, der 180 Kilometer lange Radfahren gestaltete sich strengungen abrundete. Einerlei, der Sieg ver-
sich 2013 und 2014 jenen Titel sichern konnte. aufgrund der Hitze, dem starken Wind und dem süßte alles, zudem sahen Christian & Co. viel
Ein gutes Omen für die WM 70.3, die in Zell am anspruchsvollen Streckenprofil ebenfalls sehr von einem Landstrich, in den man selten kommt.
See bei über 35 Grad stattfand. Dennoch erreich- herausfordernd. Wolfgang indes spulte sein „normales“ Pro-
te er im illustren internationalen Starterfeld von gramm ab, hatte aber das Pech, in den zwei
2300 Teilnehmern mit einer Zeit von 4.32 Stun- Christian und Wolfgang trafen sich nach zirka 50 letzten Trainingswochen von einer Erkältung
den einen mehr als respektablen 162. Platz in der Radkilometern auf ein kurzes „Hallo“, da Wolf- ausgebremst zu werden.
Endabrechung. „Einer meiner besten Wettkämp- gang eine bessere Schwimmzeit (1.09 h) hatte,
fe, den ich je gemacht habe“, meinte Schinkel aber Christian (1.14 h) mehr Druck auf die Peda- Hawaii, der Höhepunkt
zum Abschluss seiner starken Saison über die le brachte. Christian beendete die 180 km nach Zehn, beziehungsweise sieben Tage vor dem
kürzeren Distanzen – die Ironman-Saison konn- 5:09 h, Wolfgang folgte ihm nach 5:35 h Radfah- großen Ereignis reisten die Familien Geissler
te kommen, doch dazu später mehr. ren auf die Laufstrecke. Nach 9.45 Stunden kam
Christian als gesamt 45. von etwa 2000 Startern
Zuvor gilt es einen Blick auf den zweiten Hawaii- und als 7. In seiner Altersklasse ins Ziel. Wolf-
Teilnehmer des Post SV und dessen Vorberei- gang folgte mit einer Zielzeit von 10.26 Stunden,
tung zu werfen: Die begann für Wolfgang Geis- damit wurde er 9. in seiner Altersklasse.
sler damit, dass er im Jahr 2014 sein familiäres
„Go“ erhielt, seine effektive Wettkampfvorberei- Am Folgetag nahmen beide Post SV-ler mit ih-
tung startete er Anfang März 2015. ren Familien an der Slotvergabe teil. Nach den
Absagen von Vorplatzierten konnte Christian
Apropos starten: Seine Triathlon-Karriere beim eines der sechs Tickets in seiner Altersklasse
Post SV begann er im Winter 2009 mit einem ergattern, Wolfgang eines von fünf in seiner Al-
Anfänger-Kraulkurs bei Rudi Wenig. Vier Jahre tersklasse. Die nächsten Tage fielen unter die
später kraulte er in Roth die 3,8 Kilometer in der Kategorie „Regeneration“, bevor es dann hieß:
beachtlichen Zeit von 1:01:52 – seine bisherige weitertrainieren, Zeitmanagement optimieren,
Bestmarke. Doch noch mal zurück zum famili- Motivation und Leistungsniveau bis Mitte Okto-
ären „Go“, das eminent wichtig ist. Die Familie ber halten. Zusätzlich kam die Organisation von
hat schließlich indirekt die Trainingsanstrengun- Flug, Unterkunft und den sich anschließenden
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