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Post SV magazin | ABTEILUNGSREPORT
Fußball Von Tom Bedall
FUNiño am Ebensee – ein „vermessenes“ Projekt
Der Post SV ein Fall für die Universität Erlan- leistungsschwächere Kinder nur sporadisch gesagt durften, auch die kleinen Post SV-Kicker
gen? Natürlich, würde der Erlanger „Fußballpro- spielen oder sortieren sie gar ganz aus. Die Fol- bei dieser Studie machen.
fessor“ Matthias Lochmann vom Lehrstuhl für ge: Frustrierte junge Sportler, verärgerte Eltern. „Die Anforderungen bei FUNiño sind viel höher
Sportbiologie und Bewegungsmedizin antwor- Dies zusammen führe zu einer zu großen Ab- als beim bestehenden Wettkampfsystem“, sagt
ten. Der gute Kontakt zu ihm, der sich für eine bruchquote im Jugendfußball, die sich Deutsch- Lochmann. „Das Spiel auf vier Tore führt dazu,
neue alternative Wettkampfform im Jugendfu- land auf Dauer bei den nun anstehenden gebur- dass die Kinder ständig den Kopf hochnehmen
ßball einsetzt, sorgte dafür, dass der Sportpark tenschwachen Jahrgängen nicht leisten könne, müssen, um das richtige Ziel für den Ball zu fin-
Ebensee Mitte November Schauplatz einer argumentiert er. den. Das schult sowohl die Körperbeherrschung
deutschlandweit in dieser Form zum ersten als auch die Spielübersicht.“ Entscheidende Fä-
Mal durchgeführten wissenschaftlichen Studie FUNiño soll Abhilfe schaffen. FUNiño, von Horst higkeiten, denn die Möglichkeiten, die Leistung
wurde. Als Probanden fungierten Spieler der E3- Wein (Trainer der Trainer des Jugendfußballs) durch Kraft- und Ausdauertraining weiter zu
Jugend - durch vier Spieler aus der E1 ergänzt erdacht und stetig weiterentwickelt, hat viel- verbessern, sind zunehmend ausgereizt. Loch-
- vom Post SV. Bei zwei verschiedenen Spielfor- seitige Vorteile gegenüber dem herkömmli- mann: „Bei einer Fußball-WM gibt es mittler-
men wurden die Vital- und Bewegungsdaten chen Spiel. Es wird auf einem etwa 32 m x 25m weile zwischen den Mannschaften in puncto
der verkabelten Post SV-Jungs per GPS-Tracker großen Spielfeld mit vier Minitoren und zwei Athletik so gut wie keine Unterschiede. Hat eine
gemessen und festgehalten. Dies erfolgte im Dreier-Tams gespielt. Tore erzielen kann man nur Mannschaft aber Spieler, die Handlungsszenari-
Rahmen einer Masterarbeit, durchgeführt vom innerhalb einer 6-Meter großen Torschusszone. en schnell antizipieren und richtig entscheiden
Erlanger Sportstudenten und früheren Post SV- Durch diese Spielform kann sich kein Kind mehr können, sowie über eine außergewöhnliche Kör-
Akteur Murat Akdag. verstecken, sondern ist permanent gefordert. per- und Ballbeherrschung verfügen, dann ist sie
Jedes Kind ist Abwehrspieler, Mittelfeldspieler klar im Vorteil.“
Prof. Dr. Dr. Lochmann, einst Fußballspieler beim und Stürmer zugleich, über einen Fehler kann
SV Darmstadt 98, ist überzeugt davon, dass viele man nicht groß grübeln, denn sofort folgt die Es sind diese Fertigkeiten, die FUNiño schon bei
begeisterte jugendliche Fußballspieler durch die nächste Aktion. Jedes Kind schießt Tore, hat den Kindern fördert. Der Vorteil von FUNiño
bisherige Wettkampfform sieben gegen sieben ausreichend Erfolgserlebnisse, muss ständig gegenüber den traditionellen Wettkampffor-
nicht ausreichend gefördert werden. Zudem Entscheidungen treffen und ist nach dem Trai- men ist die immense Variabilität, denn weder
herrsche ein zu großes Ergebnisdiktat. Um ihm ning absolut ausgepowert, weil das Spiel sehr die Größe des Spielfelds, noch die Art, wie Tore
gerecht zu werden, lassen Trainer vermeintlich intensiv ist. Diese Erfahrung mussten, besser geschossen werden müssen, ist fest geregelt.
Diese wechselnden Anforderungen haben zahl-
reiche positive Effekte: Die Kinder haben mehr
Spaß am Training und die vielfältigen Reize füh-
ren dazu, dass sie technisch und taktisch besser
spielen.
Spaßfaktor: Murat Akdag und seine Post SV-Probanden Die E3 des Post SV hat diese Spielform mit ver-
schiedenen Varianten im Training fest integriert
und auch schon an verschiedenen FUNiño-Fes-
tivals teilgenommen. Die deutlich verbesserte
Spielstärke der gesamten Mannschaft ist deut-
lich erkennbar. Die Auswertung der vorgenom-
menen Messungen bei beiden Spielformen liegt
aktuell noch nicht endgültig vor. Die ersten Er-
gebnisse bestätigen aber die oben genannten
Ausführungen. Den Kindern hat es in jedem Fall
viel Spaß gemacht, verkabelt, elektronisch ver-
messen und mit Action-Kameras gefilmt Fußball
zu spielen.
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