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ABTEILUNGSREPORT | Post SV magazin

Segelfliegen im Post SV                                                                             Von Rosi Blasen

Ohne Benzin nach Pakistan 	

Die Piloten der Segelflieger im Post SV Nürnberg flogen am letzten Sams-
tag im Mai die Gesamtstrecke von 5304 Kilometern. Das entspricht in etwa
der Distanz von Nürnberg nach Pakistan -  und das vor allem - ohne Benzin. 
Nur für den Windenstart brauchte es ein paar Tropfen.    

Die hervorragende Thermik an diesem Tag machte es möglich, dass sich         5304 Kilometer geflogen: Die Langstrecken-Experten unter den Segel-
der halbe Verein auf die Socken, beziehungsweise in die Luft machte, um      fliegern im Post SV
zum Abschluss des Pfingstfluglagers noch ein paar Wettbewerbskilome-
ter für den OLC (Dezentraler Online-Contest) zu erzielen. Unter ihnen        strecke im Fokus zu haben, ist enorm anstrengend. Zwar sendet das FLARM
Gastpilot Martin Schley (3.v.li.) aus Kehl, der wieder einmal die Thermik    ein Signal, wenn ein anderer im gleichen Bart (Thermikschlauch) kreist, es
der schönen Oberpfälzer Jura den mauen Lüftchen seines Heimatplatzes         gibt aber immer noch Segelflugzeuge, die nicht damit ausgerüstet sind.  
vorzog. Die weiteste Flugstrecke dieses Tages flog Vereinsmitglied Mi-       Wenn alles nichts hilft, muss man entweder auf einem anderen Flugplatz
chael Hobmeier (4.v.li.) mit 574 km und zwar von Altdorf-Hagenhausen,        landen oder auf einem Acker, was auch hin und wieder vorkommt. Dann
Stöckelsberg, Richtung Großer Arber, Thüringer Wald und zurück.              freuen sich die Kameraden, die den Gestrandeten, beziehungsweise den
                                                                             in Fliegerkreisen „Abgesoffenen“ genannten, zurückholen, denn eine gute
Streckensegelflug ist sozusagen die Kür der Segelfliegerei. Trotz moderns-   Vesper und ein Kasten Bier sind dann selbstverständlich obligatorisch für
ter Technik wie GPS und FLARM (Kollisionswarnsystem) erfordert es ein        diesen Service.	 
hohes Maß an Ausdauer, Konzentration und sorgfältiger Flugvorberei-
tung, sowie Kenntnissen der Luftraumstruktur und einem ausgeprägten
Gefühl für Wolkenbildung und Thermik.  

Hat man die falsche Seite der Wolke angepeilt, geht’s ab zur nächsten,
die hoffentlich nicht zu weit weg - oder schlimmstenfalls in einem Sperr-.
gebiet – liegt. Ausreichend Höhe zu machen und permanent die Flug-.

46 Jahre und über 5500 Flugzeuge

Rudi Emmerling, Mann der ersten Stunde der Segelflieger im Post SV, hört auf. Und zwar in seiner
Funktion als Bauprüfer der Luftsportvereine. Bauprüfer sind, salopp gesagt, die Flugsicherheitsins-
pektoren für technische Geräte und die TÜV-Beamten für Segel- und Motorsegler.  Im April dieses
Jahres machte Emmerling den letzten TÜV an einer LS4 seines Vereins, dem er seit 1969 angehörte
und bei dem er sich dank seiner technischen Begabung zum Bauprüfer ausbilden ließ. Fast ein halbes
Leben, genauer 46 Jahre, prüfte und checkte Emmerling die Segelflugzeug- und Motorseglerflotte
der Vereine von ganz Nordbayern und Mittelfranken.   

Über 5500 Flugzeuge hat Emmerling während dieser Zeit dabei im wahrsten Sinn des Wortes unter
die Lupe genommen. Letztere, sowie Zollstock, Waage und last but not least, der Prüfstempel, ge-
hörten zur Standardausrüstung Emmerlings, dessen geschulten Augen nicht die kleinste Kleinigkeit
entging. „Es gab aber nur einen Fall, wo ich einen Flieger aus dem Verkehr ziehen musste, ansonsten
gab es nie irgendwelche Beanstandungen“, erinnert er sich.  

Ein halbes Leben für den Verein da zu sein, das ist schon eine Hausnummer - von 1972 bis '77 war er  Verdienter Ruhestand: Rudi Emmerling, Mann
zusätzlich auch noch als dessen Abteilungsleiter tätig. Doch irgendwann beschloss der 83-Jährige     der ersten Stunde bei den Segelfliegern
Senior, dass es genug sei, wenn man das Rentendasein noch ein wenig genießen möchte. „Jetzt
dürfen die Jungen mal ran“, meint er, haut mit geübter Hand den letzten Stempel in die Fliegerakte
und nimmt sichtlich gerührt die Blumen, die seiner Meinung nach „doch echt nicht nötig gewesen
wären“, mit raus zum Flieger, der bereits in Position steht. Die Segelflieger/innen im Post SV wün-
schen ihrem Rudi noch ein erfülltes Leben und viele schöne Stunden im Kreise deiner Familie.	
	

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