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Post SV magazin | AKTUELLES
Heinz-Joachim Fincke – ein Leben für den Pferdesport
Stolze, rekordverdächtige 54 Jahre
Würde man an dieser Stelle all seine Funktionen
im Details auflisten, die er innehatte, müsste
man deutlich mehr als eine Seite darauf verwen-
den. Deswegen belassen wir es bei den wich-
tigsten im Stichwort-Schnelldurchlauf: 1972 bei
Olympia in München als Funktionär im Gelän-
deritt (hieß damals noch Military) im Einsatz,
Turnierrichter in allen Disziplinen, Vorsitzender
in der Prüfungskommission für Reitlehrer, Vor-
standsmitglied des Reit- und Fahrverbandes
Franken, und, und, und…
Heutzutage ist oftmals alles und jedes „mega“, der Reitstall Tattersall, würde ohne die vielen Was sich bei all seinen Tätigkeiten wie der be-
wenn nicht gar „mega-mega“. In Anbetracht Finckschen Eigenarbeiten heute ganz anders rühmte rote Faden durchgezogen hat: seine Ein-
dessen ist das, was Heinz-Joachim Fincke beim aussehen, im negativen Sinn versteht sich. stellung zum Pferd. Es ist für ihn, wie er betont,
Post SV geleistet hat, auf Neudeutsch schwer „kein Sportgerät, sondern ein Sportkamerad“
zu benennen. Ein mega-mega-mega jedenfalls Doch zurück zu seinem Kernmetier, dem Pferd – und dementsprechend gehöre es auch be-
sieht nicht nur komisch aus, auch Heinz-Joachim und dem dazugehörigen Sport. Bei diesem The- handelt. So streng und strikt er die Vierbeiner
Fincke selbst würde es völlig unpassend empfin- ma verfügt der 93-Jährige über ein dermaßen ausbildete und trainierte, so sehr hat er stets
den. Der 1923 in Potsdam Geborene hat schon profundes Wissen, dass ihm da unverändert auch dessen Wohlbefinden im Auge. Die im
mit einem saloppen „Hallo“ zur Begrüßung ein keiner etwas vormachen kann. Nachvollziehbar, Pferdesport nicht selten angewandten unlau-
Problem. Beim Begriff „rekordverdächtig“ indes die edlen Vierbeiner waren schließlich von Kin- teren Praktiken wie das Barren beim Springen
wird er, so hoffen wir zumindest, keine Einwän- desbeinen an fester Bestandteil seines Lebens oder die Rollkur bei der Dressur sind ihm ein
de haben: Auf beachtliche wie stolze 54 (!!) Jahre – und sie sind es bis heute geblieben, auch wenn Greul. Dass er auch die Ausbildung sowie das
an der Spitze der Pferdesportabteilung konn- ihn nicht ausschließlich schöne Ereignisse mit Training der Reiter mit Argusaugen verfolgte
te er zurückblicken, als er sich kürzlich bei der dem Pferd verbinden. Im Zweiten Weltkrieg war und ihnen nichts durchgehen ließ, hatte nicht
Jahreshauptversammlung nicht mehr zur Wahl er als Leutnant einer Kavalleriebrigade an der nur sportliche Gründe: Wer beim Aussitzen wie
stellte. Mit Rat und Tat wird er seiner Abteilung Ostfront im Einsatz und geriet in Kriegsgefan- ein Mehlsack in des Pferdes Rücken plumpst
weiterhin zur Seite stehen – das mit dem „sein“ genschaft, die fünf Jahre lang andauerte. Dem oder sich an den Zügeln festhält und dabei
ist übrigens nicht beiläufig zu verstehen: Er hat Pferdesport zu entsagen, kam für ihn dennoch wild im Maul des Pferdes herumzerrt, reitet
sie 1962 aus der Taufe gehoben und sie im Laufe keine Sekunde lang in Betracht. So gehörte auch nicht nur miserabel, er fügt dabei seinem Fell
der Jahrzehnte zu einem festen Bestandteil des sein Pferd Pat zum Hausstand, als es ihn nach tragenden Partner echte Schmerzen zu. Dass
Vereins gemacht. dem Ende des Studiums und der Ausbildung im Heinz-Joachim Fincke 1990 von der Deutschen
Jahr 1961 als Postrat nach Nürnberg verschlug. Reiterlichen Vereinigung die „Goldene Plakette“
Ebenso imposant wie besagte 54 Jahre als Ab- Und Pat war ein echter, von ihm ausgebildeter für hervorragende Leistungen in Pferdehaltung
teilungsleiter ist die Art und Weise, mit der er Alleskönner – er war im Dressurviereck ebenso und Pflege verliehen bekam, ist somit eine be-
sie leitete. Wortgewaltig, zu- und anpackend zu Hause wie im Springparcours oder auf der rechtigte wie schöne Anerkennung gewesen.
und mit einer klaren Haltung sowie Linie hielt Geländestrecke. Und auch als Zugpferd einer
er, die starke Persönlichkeit, im übertragenen Kutsche stand er hervorragend seinen Mann, Apropos Anerkennung: Der Post SV sagt herz-
Sinn die Zügel fest in der Hand. Letzteres legte pardon sein Pferd. Heinz-Joachim Fincke feierte lichen Dank für seine 54-jährige Tätigkeit als
er auch im Wortsinn an, denn der Diplom Inge- in all den höchst unterschiedlichen Disziplinen Abteilungsleiter und verneigt sich tief vor ihm.
nieur war auch ein richtig guter Handwerker. mit Pat große Erfolge – deswegen haben ihm Zugleich ist er aber auch stolz, eine imposante
Und zwar so ein guter, dass die Handelskammer seine Freunde übrigens getreu der Devise „wie Persönlichkeit wie ihn in seinen Reihen zu wis-
Mittelfranken ihm nachträglich die Lehrmeister- der Herr so das Gescherr“ den Spitznamen „Pat“ sen.
befähigung zusprach. Diese Fähigkeit wiederum verpasst. Pat auf Pat – das wurde nicht nur beim
war sehr gut für die Abteilung, denn unter seiner Post SV zu einem Markenzeichen, denn Heinz-
tatkräftigen Anleitung wurde zum Beispiel ein Joachim Finke kam in der Welt des Pferdes groß
ausrangierter Post-LKW zum Pferdetranspor- herum.
ter umgebaut - und die Heimat der Abteilung,
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