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Post SV magazin | AKTUELLES
Post SV-Vize Präsident Franz Gebhardt im Interview
„Die Nummer 1 zu werden, ist leichter,
als die Nummer 1 zu bleiben“
Seit fast 40 Jahren ist er Mitglied beim Post SV, seit um die 20 Hauptamtliche beschäftigt, heute sind Wie wichtig ist es für die Zukunft des Post SV,
dem 26. Februar 1993 bestimmt er die Geschicke es mit rund 40 etwa doppelt so viele. Wenn man Trendsetter zu sein und zu bleiben?
des Vereins entscheidend mit. Die Rede ist von sich in diesem Zusammenhang vor Augen führt, Gerade in den heutigen schnelllebigen Zeiten ist
Franz Gebhardt, der nunmehr seit mehr als 23 Jah- dass zum Beispiel ein Kinobesuch so viel kostet, dies sehr, sehr wichtig. Vor allem auch vor dem
ren ununterbrochen als Vize-Präsident fungiert. wie einen ganzen Monat lang Sport beim Post SV Hintergrund, dass die Vereinsbindung der Mit-
Es ist nicht die einzige Funktionärstätigkeit des zu treiben, wird einem sofort klar, warum so viele glieder nicht mehr stark ausgeprägt ist. Bietet ein
Post SV-Urgesteins, der zwar ein guter Allround- Vereine mit den Finanzen zu kämpfen haben. anderer etwas an, was gerade In ist, und was der
sportler ist, aber vor allem mit dem runden Leder, Post SV nicht hat, wartet man nicht, man wechselt.
das heutzutage aus Plastik ist, glänzend umzuge- Der Post SV ist heute einer der größten Breiten-
hen versteht - übrigens heute noch wöchentlich sportvereine Deutschlands. War dies zu Beginn Wo hat der Post SV in der jüngsten Zeit ein gu-
bei der Fußball-AH des Post SV und bei den Stadt- deiner Präsidiumstätigkeit eigentlich absehbar tes Näschen bewiesen?
ratsfussballern. Doch zurück zum Sportfunktionär beziehungsweise gar das Ziel? Zum Beispiel, dass es bei uns vergleichsweise früh
Gebhardt: Er ist Mitglied der Sportkommission Nein, das hat sich eher beiläufig so entwickelt. möglich war, online Mitglied zu werden und diver-
der Stadt Nürnberg, beim BLSV (Bayerischer Lan- se Kurse zu buchen. Die Kindersportschule (KISS)
dessportverband) gehört er im Bezirk Mittelfran- Bedeutet beiläufig zufällig? oder die herausragenden Aktivitäten der Basket-
ken als Verantwortlicher für den Seniorensport Nein, nicht zufällig. Werner Wild, dem langjährigen ballabteilung sind weitere Beispiele wie auch der
dem Vorstand an. Der langjährige CSU-Stadtrat, Sportdirektor und Präsidenten, ging es in den 70- Umstand, dass wir uns sehr früh um Kooperatio-
Mitglied der städtischen Sportkommission und bis 90ziger Jahren in erster Linie darum, dass das nen mit Schulen wie auch Firmen bemüht haben.
ehemaliger Geschäftsführer der Stadtreklame Sportangebot des Post SV nicht nur auf der Höhe Als ich anfing, war der Post SV eher ein in sich
Nürnberg hat also nicht nur den Post SV im Blick, der Zeit, sondern der Konkurrenz auch ein Stück geschlossenes Gebilde. Wäre er das heute noch,
sondern ist generell ein profunder Kenner des weit voraus war. Dabei hatte er ein exzellentes Ge- wäre er nicht zukunftsfähig. Sich nur darauf zu
Breitensports. spür, was einschlagen könnte und was nicht. Und verlassen, dass die Mitglieder in großer Zahl kom-
auch die heutige Vereinsführung verfolgt diese men, funktioniert heute bereits nicht mehr - und
Der Post SV ist kürzlich 90 Jahre geworden – die Ziele in gleicher Weise. Stetig steigende Mitglie- erst recht nicht mehr in der Zukunft. Wir müssen
letzten rund 23 davon hast Du mitgestaltet. Was derzahlen waren und sind quasi eine logische Folge die Leute abholen, in den Schulen, in den Firmen,
hat sich seitdem am meisten verändert, Franz? dieser vorausschauenden Vereinspolitik. in den Kirchen, in den Sozialstationen und in den
Als ich anfing, war der Post SV ein Verein, der Heimen – und da sind wir bereits mitten dabei.
seinen Schwerpunkt im Osten der Stadt hatte, wir Wo war der Post SV Trendsetter?
waren diejenigen aus Ebensee. Heutzutage sind Um nur drei Beispiele aus den siebziger Jahren Gibt es etwas, wo du mit dem Wissen von heute
unsere mittlerweile mehr als 50 Sportstätten übers zu nennen: Der Seniorenclub, der Lauftreff und sagen würdest, das hat der Post SV verschlafen
ganze Stadtgebiet verteilt, und wir sind damit im das Sportkabinett. Letzteres war der Vorläufer oder da hat er aufs falsche Pferd gesetzt?
Breitensport der Nürnberger Verein schlechthin. von Fitness-Studios, einem Trend, der viele, viele Es hat sicherlich nicht immer alles so eingeschla-
Sehr gewandelt hat sich auch das Verhältnis zwi- Jahre später die deutsche Sportlandschaft ver- gen, wie wir uns das gewünscht hatten. Was aber
schen den Mitgliedern und dem Verein. Der Verein ändern sollte. das Grundlegende und Wichtige betrifft, können
wird, sieht man von den Wettkampfsportarten ab,
immer mehr als reiner Dienstleister angesehen.
Die Identifikation mit dem Verein ist mitunter
nicht mehr vorhanden. Für den geleisteten Bei-
trag werden Top-Trainingsbedingungen und Top-
Trainer erwartet, die man möglichst von früh bis
spät abends nutzen kann. Doch das ist eine Ent-
wicklung, die alle Vereine betrifft.
Und ihnen das Leben schwermacht?
Auf jeden Fall. Hinzukommt, dass immer weniger
bereit sind, in einem Verein selbst Hand anzule-
gen. Anders ausgedrückt: Die ehrenamtliche Kom-
ponente schrumpft, das Anspruchsdenken steigt
– um diese Ungleichung zu lösen, müssen die
Vereine immer mehr hauptamtliche Mitarbeiter
einstellen, was wiederum die Kosten in die Höhe
treibt. In meinen Anfangszeiten hatte der Post SV
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