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Post SV magazin | AKTUELLES

Medizinischer Report                                                                                   Von Dr. Jürgen Linz

Über Sport freuen sich die Knochen

Die Minderung der Knochendichte galt bisher          dem Abbau von Muskelgewebe daher auch ein          verantwortlich. Im Gegensatz zur Osteoporose
als Erkrankung des Alters und der Kriegsgenera-      Verlust von Knochensubstanz statt, bei erhöh-      des Alters mit relativ gleichmäßigem Anteil von
tion, jedoch wird die Osteoporose aufgrund des       ter Belastung wächst neben dem beanspruchten       Frauen und Männern erst oberhalb des 6. und
zunehmenden Bewegungsmangels sowie einer             Muskel infolge der Kraftübertragung auch der       7. Lebensjahrzehnts sind hiervon demzufolge
ungesunden Ernährung zukünftig auch ein Pro-         bewegte Knochen. Dieses Prinzip nutzt die me-      Frauen bereits ab dem 40. bis 50. Lebensjahr
blem des jüngeren Erwachsenen und sogar des          dizinische Kräftigungstherapie, um bei Vorlie-     betroffen. Deutlich seltener ist die Osteopo-
Jugendlichen. Dabei ist die Vorbeugung durch         gen einer Osteoporose mit Krafttraining Einfluss   rose alleinige Folge anderer Erkrankungen wie
Sport so einfach – und auch zur Behandlung der       auf die Knochenfestigkeit zu erzielen.             Diabetes mellitus, Nierenerkrankungen, ent-
Osteoporose sollte eine regelmäßige sportliche                                                          zündlicher (Rheuma) oder bösartiger Erkran-
Betätigung erfolgen.                                 Ursachen der Osteoporose                           kungen, Hormonmangel (Sexualhormone) oder
In Deutschland ist jede 3. Frau und jeder 5. Mann,   Aufgrund des Rückgangs der körperlichen Belas-     Hormonüberschuß (Schilddrüse), Verdauungs-
die über 50 Jahre sind, von Osteoporose betrof-      tung im Verlauf des Lebens beträgt die altersbe-   oder Verwertungsstörungen (Maldigestion / -ab-
fen, insgesamt also 4 bis 6 Millionen Menschen.      dingte normale Minderung der Knochenmasse          sorption), Fehl- oder Unterernährung sowie
Jährlich 300.000 Knochenbrüche, vorwiegend           ca. 0,5 – 1 % pro Jahr, wohingegen bei der Os-     erblicher Stoffwechselerkrankungen. Neben
an den Wirbelkörpern der Brust- und Lenden-          teoporose ein krankhafter Rückgang der Kno-        des schädigenden Einflusses von Nikotin und
wirbelsäule sowie an Hand- und Hüftgelenken          chenmasse um 2 – 5 % pro Jahr zu verzeichnen ist.  Alkohol sind als Ursache der Osteoporose ver-
sind auf eine Minderung der Knochendichte zu-        Die Abnahme der Knochendichte erfolgt durch        mehrt auch die Nebenwirkungen bei Dauerthe-
rückzuführen. Häufig ergibt sich in der Folge die    übermäßig raschen Abbau der Knochensubstanz        rapie mit bestimmten Medikamenten (Cortison,
Notwendigkeit einer operativen Stabilisierung        und Knochenstruktur mit der Folge einer erhöh-     Blutverdünnung mit Marcumar oder Heparin,
mit Aufrichtung des Wirbelkörpers (Kyphoplas-        ten Bruchgefährdung.                               Magensäureblocker) zu nennen.
tie), Verplattung (winkelstabile Osteosynthese)
oder künstlichem Gelenkersatz (Endoprothese).        Ursächlich hierfür ist der Rückgang der Anzahl     Im Zusammenspiel der Mineralstoffe (Calcium,
Die unmittelbaren Behandlungskosten belaufen         knochenaufbauender Knochenzellen mit zusätz-       Magnesium, Phosphat) sowie Sexual- (Östrogen
sich jährlich auf zirka 3 Milliarden Euro, die wei-  lich reduzierter Stoffwechselfunktion der ver-     bzw. Testosteron), Steroid- (Cortison), Schild-
tere volkswirtschaftliche Bedeutung der Osteo-       bleibenden Osteoblasten. In der Folge ergibt       drüsen- (TSH, T3, T4) und Wachstumshormone
porose ergibt sich durch hohe Folgekosten bei        sich ein verminderter Knochen-Neuanbau.            sind insbesondere die unmittelbaren Gegen-
Pflegebedürftigkeit infolge Immobilität.             Überwiegend ist dabei eine genetische Veran-       spieler im primären Regelkreis des Calcium-
                                                     lagung für die Entwicklung einer Osteoporose       Stoffwechsels Parathormon (PTH) und Calci-
Aufbau und Funktion des Knochens                     mit erhöhtem Um- und Abbau der Knochen-            tonin unter Einfluss des Vitamin-D bedeutsam.
Der zweiteilige Aufbau eines Knochens mit Kno-       substanz nach Ausbleiben der Regelblutung          Das fettlösliche Vitamin-D ist für die ausreichen-
chenbälkchen (Trabekel, Spongiosa) im Inneren                                                           de Aufnahme von Calcium aus dem Darm ins
und äußerer Rindenschicht (Corticalis, Com-                                                             Blut sowie die Überführung von Calcium aus
pacta) bietet Stabilität bei minimalem Materi-                                                          dem Blut in den Knochen unabdingbar. Daneben
alaufwand sowie hohe Elastizität bei maximaler                                                          hat sich in aktuellen wissenschaftlichen Studien
Tragfähigkeit. Die Knochenzellen (Osteozyten:                                                           der positive Einfluss von Vitamin-D bei Muskel-
knochenaufbauende Osteoblasten, knochenab-                                                              schmerzen, Antriebslosigkeit und Depression,
bauende Osteoklasten) sind in die von ihnen                                                             Hirnleistungsstörungen und Allergien sowie als
produzierte Knochenmatrix eingebettet und                                                               Schutz vor bösartigen Erkrankungen ergeben.
sorgen darüber hinaus für die Mineralisation
dieser Knochenmatrix.                                                                                   Erkennung und Behandlung
                                                                                                        Im Zusammenspiel zwischen Hausarzt, Internist,
Neben der Stützfunktion des Körpers ist im                                                              Endokrinologen und Gynäkologen einerseits so-
Zusammenspiel mit der Muskulatur die Bewe-                                                              wie Orthopäden und Unfallchirurgen anderer-
gungsfunktion die Hauptaufgabe des Knochens,                                                            seits erfolgt die interdisziplinäre Diagnostik und
daneben leistet der Knochen Schutzfunktion für                                                          Therapie der Osteoporose.
innere Organe und Gehirn sowie Speicherfunk-                                                            Aus der Kranken- und Familiengeschichte
tion als Mineralstoffreservoir (Calcium, Phos-                                                          der / des Patientin / en sowie der Untersuchung
phor, Natrium, Magnesium, Kalium) des Körpers.                                                          ergeben sich erste Hinweise für eine mögliche
Dabei ist der Knochen ein lebendes Organsystem                                                          Veranlagung zur Entwicklung einer Osteopo-
mit stetigen Umbauprozessen zur funktionellen                                                           rose: Körperkonstitution und Gewicht, Nah-
Anpassung an die aktuelle Belastungssituation                                                           rungs- und Bewegungsgewohnheiten, Beglei-
sowie im Rahmen der normalen Knochenerneu-                                                              terkrankungen und Medikamenteneinnahme,
erung. Bei Entlastung (z.B. im Gips) findet neben                                                       Genussgifte, frühere Knochenbrüche.

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